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Galerie V&V
September 2025
Im Fokus: Ela Nord
Aus Art Aurea, Art & Crafts Magazine September 2025, Curator's Choice
Bewahren & Erneuern
Ela Nords Schmuckkunst ist Ausdruck einer ökologisch reflektierten Haltung. Aus industriellen Reststoffen
entstehen poetische Objekte, in denen Zerstörung und Erneuerung zu einer ästhetischen Erzählung der
Hoffnung verschmelzen.
In ihren neuesten Schmuckserien reflektiert Ela Nord kulturelle Bildwelten von Natur und Wandlung und
übersetzt diese in eine zeitgenössische Materialästhetik. Ausgangspunkt ist die Frage, wie tief kulturell codierte
Vorstellungen von Natur – insbesondere der Wald als schützender, lebens- spendender Ort – in unsere Alltagsästhetik
eingeschrieben sind: florale Muster, hölzerne Oberflächen, naturnahe Farbtöne oder symbolisch aufgeladene Materialien
prägen Wohnwelten ebenso wie unser kollektives Bildgedächtnis.
Diese Konventionen greift Ela Nord auf und transformiert sie in eine neuartige Materialästhetik. Sie arbeitet mit Industriepolymeren, die sie durch kontrollierte thermische Prozesse in organisch anmutende Oberflächenstrukturen überführt. So entstehen Referenzen an Holz, Pilze, Leder, Kohle
oder Knochen – ohne natürliche Materialien direkt zu verwenden.
Imitation ist dabei kein Mittel zur Täuschung, sondern eine bewusst gewählte, ethisch fundierte Strategie. Nord entzieht sich dualistischen Katego rien von Echtheit und Künstlichkeit und versteht die Nachahmung als Ausdruck gestalterischer Verantwortung. Die Schnittstelle zwischen Natur und Konstruktion wird zur produktiven Zone künstlerischer Reflexion, in der neue Wertmaßstäbe sichtbar werden. Ihre Arbeiten verknüpfen Materialsemantik mit ökologischer Haltung – und formulieren das Imitat als zukunftsfähige Alternative in Sinne einer nachhaltigen Gestaltungskultur.

Portrait: © Jork Weismann



Ela Nord, Ausstellung APOKALYPSE - the future is fake, 01 / 04 / 06, Schlauch, Acryl
Ela Nord
APOKALYPSE - the future is fake
Ausstellung2024
01. Februar bis / until 20. April
Der Begriff „APOKALYPSE“ steht meistens, etwa in der christlichen Ikonographie, für etwas Endgültiges: das zerstörerische Ende aller Dinge. Der Ansatz, "APOKALYPSE" mit großer Vernichtung gleichzusetzen, ist im Bilderkanon fest verankert.
Geläufig ist uns die Symbolik durch ein eigenes Genre in der Filmindustrie, der Belletristik und in anderen kulturellen Sparten, gleichgültig, ob es sich um künstlerisch Anspruchsvolles oder um triviale Ausprägungen handelt.
Alle bemühen das Spiel mit Beklemmung und Angst, die beinahe unausweichlich an den Begriff gebunden sind.
Ela Nord kehrt in ihrer Serie THE FUTURE IS FAKE diesen Ansatz um und betrachtet stattdessen die APOKALYPSE als reinigendes Ereignis, aus dem durch vorangegangene Zerstörung neue Gebilde und Formen entstehen.
Die APOKALYPSE wird hier nicht als Todbringer, sondern als neutraler Transformator aufgefasst.
Die Formel könnte lauten: Apokalypse = Asche = Metamorphose.
Eine wörtliche Übersetzung von Apokalypse, nämlich „Ent-Hüllung“, spiegelt sich in den verwendeten Materialien wider, die nicht organisch sind. Es handelt sich um Kunststoffe, die einer weit stärkeren Hitze ausgesetzt werden als vorgesehen: schmelzen, zusammenziehen, verbrennen.
Durch diesen Prozess entstehen neue Gefüge, Modelle und Oberflächen, die natürliche Rohstoffe abbilden wollen, wie Holz, Kohle oder Blätter. Aus einem gewöhnlichen Werkstoff ein anderes Material zu erschaffen (selbst wenn dies nur scheinbar ist), kennzeichnet die Serie TUBES, die keinen Fokus auf den notwendigerweise zerstörerischen Herstellungsprozess legt, sondern auf das Gegenteil: indem wir etwas in einen anderen Zustand überführen, entstehen Ergebnisse, die uns auf
positive Weise erinnern an den tiefgreifenden Vorgang der Erneuerung und Neubildung.
Zusätzlich finden Überlegungen zu den natürlichen Ressourcen Eingang in die Objekte, die auf eine künftige mögliche Situation anspielen, dass wir bestimmte Materialien wie Holz unter Umständen nicht mehr verwenden können für Alltagsgegenstände wie etwa Möbel. Die Vision, dass der Gebrauch von Holz in der Zukunft gar verboten werden könnte, führt Ela Nord zu dem Gedankenexperiment, dass wir Oberflächen und Optiken künftig vielleicht werden fälschen“ müssen um in den Genuss des Anblicks von Holz zu gelangen. Das Spiel mit den Begriffen „echt/original/natürlich“ gegenüber
„fake/reproduziert/künstlich“ spiegelt sich in den Trompe-l‘oeil ähnlich gestalteten Schmuckstücken, denen man das eigentliche Material nicht mehr auf den ersten Blick ansieht, wobei es weniger um eine Art „Zauberwerk“ geht, in dem die Technik eine Rolle spielt, sondern vielmehr um das Bewusstsein der Notwendigkeit eines Umdenkens hinsichtlich der Verwendung von natürlichen Materialien.
Ausstellung Februar / März 2024 bei V&V.



Ela Nord, Ausstellung FAKE FOREST, Serie “tubes”, Ketten, Kunststoff, Pigment, 2023 / Fotos: Sarah Sigmund, Ela Nord
Ela Nord
FAKE FOREST
In der Serie „fake forest“ legt Ela Nord den Fokus weniger auf den Moment der Fälschung, als vielmehr auf den der Imitation. Dies spiegelt sich in den verwendeten Materialien wider, die nicht organisch sind. Es handelt sich um Schläuche, die einer stärkeren Hitze ausgesetzt werden als vorgesehen: schmelzen, zusammenziehen, verbrennen. Durch diesen Prozess entstehen neue Gefüge und Oberflächen, die natürliche Rohstoffe abbilden wollen, wie Leder, Kohle, Knochen oder Äste.
Die in der Galerie V&V gezeigten Stücke „fake forest“ aus der Serie TUBES (seit 2020) bilden verschiedene Hölzer wie Bambus, Birke, Ebenholz oder Milchorangenbaum nach. Aus einem gewöhnlichen Alltagswerkstoff ein anderes Material zu erschaffen (selbst wenn dies nur scheinbar ist), versteht die Künstlerin als positiven Prozess: indem wir etwas in einen anderen Zustand überführen, entstehen Ergebnisse, die uns an den tiefgreifenden Vorgang der Erneuerung und Neubildung erinnern. Ela Nord sammelt kurze Schlauchreste von Elektrikern, die in den Müll geworfen werden, für ihre Schmuckstücke. Ihre Vision ist, dass wir in Zukunft Werkstoffe verwenden, die der Natur nicht gewaltsam entrissen werden, wie es heute
geschieht. Wir sollten schnell agieren und die Verwendung von organischen Quellen neu denken, denn echte Bio-Ressourcen werden mit Sicherheit irgendwann zu kostbar werden oder sogar in einigen Jahren verschwinden. Objekte, die vorgeben, organisch zu sein, obwohl sie es nicht sind, könnten eine mögliche Lösung sein.



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